Das neu geschaffene Gebäude, das Räume für die Kinder der Krippe, Kindertagesstätte und des Kinderbildungszentrums (Butze) zur Verfügung stellt, ist als kompakter Solitär in eine Spiel- und Erfahrungslandschaft eingebettet. Es bietet vielfältige Wechselbeziehungen zwischen den Innen- und Außenräumen sowie zur umgebenden Landschaft. Wie ein überdimensionaler Schirm umspannt eine hölzerne Haut aus Lamellen das zweigeschossige, im Grundriss quadratische Gebäude, und vermittelt zum bestehenden Baumbestand. Ein Atrium in der Mitte des Gebäudes gewährt Orientierung und vermittelt durch eine Wasserlandschaft und Begrünung nicht nur sinnliche Lernerfahrungen, sondern verbessert auch das Mikroklima der sich hieran anschließenden Räume.
Städtebau
Die bebaute und landschaftliche Umgebung des Stadtteils Vorsfelde in Wolfsburg, einer ehemalige Ackerbürgerstadt, ist durch große Heterogenität geprägt. Im unmittelbaren Umfeld des Baugrundstücks befinden sich Geschosswohnungsbauten, Einfamilienhäuser, Agrarflächen sowie Bildungs- und Freizeiteinrichtungen für Kinder. In der direkten Nachbarschaft, vis-à-vis des Planungsfeldes, befindet sich die Ganztagsgrundschule Heidgarten mit einem Ensemble aus Einzelbauten, die durch die Verbindungen der Gebäudeteile eine teppichartige Struktur ausbilden. Die Gebäudekonfiguration der Grundschule bildet den Ausgangspunkt für das entwickelte Gebäude, das die bestehenden Verhältnisse von Innen- und Außenräumen, Höhenstaffelungen und Aufweitungen in einen kleineren Maßstab transformiert und in ein großes Volumen, unter einem Dach, übertragt. Der neue Gebäudekörper orientiert sich dabei an der orthogonalen Ausrichtung der Grundschule sowie an der städtebaulich vorgegeben Baulinie. Die formale Verknüpfung beider Einrichtungen – vom Kindergarten bis zur Grundschule – ist so Teil einer pädagogischen Lernerfahrung und wird räumlich und inhaltlich miteinander in Beziehung gesetzt. Die bewusste Reduzierung des Baukörpers auf eine quadratische Grundform bringt eine stabile stadträumliche Figur hervor. Auf dem zur Verfügung stehenden Grundstück bilden sich so drei miteinander verbundene Zonen aus: Die Erschließungszone auf der Südseite, eine grosszügige Spielfläche auf der Westseite mit dem sogenannten Berg sowie ein geschützteres Areal mit einer überdachten Außenterrasse an der Nordseite des Baukörpers. Durch die bauliche Subtraktion des Gebäudevolumens und der Bildung von Rücksprüngen, dem Einschnitt für ein Atrium sowie einer Außenterrasse fließen die Naturelemente Wind, Sonne, Wasser und Erde in das Gebäude ein und sind erlebbar.
Raum- und Grundrisskonzeption
Das Gebäude wird von der Südseite über einen Vorplatz durch einen zurückgesetzten und überdachten Eingangsbereich erschlossen. Im Eingang befindet sich ein großzügiges Foyer mit einem zentralen Garderobenbereich, dem Leitungsbüro sowie dem Elterncafé. Vom Eingangsbereich aus gelangt man in den zentralen Hauptraum des Erdgeschosses mit dem hier angeordneten Bistro, dem Zugang zum Atrium sowie einer als Sitztreppe ausgebildete Haupttreppe. Der Hauptraum, der sich neben der Treppe durch das Atrium und den überdachen Außenspielbereich im Norden erweitern lässt, stellt im Erdgeschoss das gemeinschaftlich genutzte Zentrum der Kindertagesstätte dar – ebenso wie der Bewegungsraum im Obergeschoss. Die unterschiedlichen Zonen lassen in diesem Raum eine multifunktionale Nutzung zu, die durch das umgehbare Atrium im gesamten Gebäude erfahrbar ist: von einzelnen Mensabereichen für die Krippe, Kita und Butze, der Anordnung der Kinderküche bis zur Ausbildung der Treppenlandschaft für Spiele, Feste, ein Kinderkino etc.. Dem liegen in westlicher Ausrichtung die Gruppenräume der Krippe sowie ein Gruppenraum der Kita gegenüber, die jeweils durch vorgeschaltete WC- bzw. Garderobenbereiche erschlossen werden. Über die dem Atrium angeschlossene Haupttreppe gelangt man in das Obergeschoss. Ebenfalls zur Westseite bzw. südlich ausgerichtet, befinden sich hier wie im Erdgeschoss die Gruppenräume der Kita und Butze. Die Flächen für die Therapieräume sowie einen Atelierraum schließen sich in südlicher Ausrichtung an. Der zentrale Hauptraum und zugleich größte Raum im Obergeschoss ist der Bewegungsraum. Durch großflächige Verglasungen bzw. Türen können diese Räume miteinander verbunden werden und die Sonne gelangt tief in das Gebäude hinein. Dadurch bietet sich der Bewegungsraum für eine vielfältige Nutzung an, z. B. für den Morgenkreis.
Außenraum – Erfahrungsraum
Das Gebäude ist elementar mit dem hierfür gestalteten Außenraum verbunden. Die Beziehungen zwischen den Außen- und Innenräumen schafft im Erdgeschoss eine größtmögliche Transparenz der Außenwandflächen. Durch Einschnitte und Rücksprünge ist das Gebäude mit dem Grundstück verwoben. Ein auf dem Grundstück zuvor vorhandener Hügel, topografisch als besonders wahrgenommen, wird versetzt und zu einem markanten Bestandteil der Außenspielfläche (Berg). Ein sogenannter Elementenpfad thematisiert in einer Abfolge die sinnliche Naturerfahrung konkret durch die Elemente Wind, Sonne, Wasser und Erde. Durch hierfür geschaffene Bereiche wie z. B. die Herstellung einer Quelle und eines Miniatur-Flusslaufes können komplexe natürliche Prozesse spielerisch nachverfolgt werden.
Projekttyp | Realisierungswettbewerb, Neubau |
Bearbeitung | 05.2017 |
Standort | Wolfsburg |
Auslober | Ev.- luth. Kirchengemeinde St. Petrus/Heiliggeist Vorsfelde |
Größe | 1.719 qm BGF |
Kosten | 2.91 Mio. Euro brutto (KG 300 + 400) |
Rendering | moka-studio |